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Präsidentschaftswahl in Rumänien: Was bedeutet der Erfolg der AUR?

Von Ivaylo Dinev 16.05.2025

Die Stichwahl in Rumänien findet zwischen zwei Protestkandidaten statt – dem proeuropäischen Nicușor Dan und dem Nationalisten George Simion. Der Erfolg der AUR offenbart tiefe gesellschaftliche Spannungen. Was steht hinter ihrer Stärke – und was bedeutet sie für die EU und ihre Nachbarn? 

Wofür steht die Allianz für die Vereinigung der Rumänen (AUR)? 

George Simions AUR ist eine rechtsextreme populistische Partei, die Nationalismus und sozialen Konservatismus verbindet. Die Partei wurde 2019 gegründet und hat seitdem einen rasanten Aufstieg in der rumänischen Politik erlebt: von 9,17 % im Jahr 2019 auf 16,23 % bei den Parlamentswahlen 2024. Sie propagiert die Idee eines „Großrumäniens“, aber auch staatliche Souveränität, traditionelle Familienwerte, Impfgegnerschaft und Ablehnung der militärischen Unterstützung für die Ukraine. Ihr Vorsitzender lässt sich von anderen Populist*innen wie Trump, Meloni und Orbán inspirieren.  

Eine Präsidentschaft Simions würde wahrscheinlich die Beziehungen Rumäniens zu Moldau belasten. Er setzt sich seit langem für die „Wiedervereinigung“ ein, die einen zentralen Bestandteil seiner politischen Karriere und Identität darstellt. Sein politisches Engagement begann mit groß angelegten Kampagnen dafür. 

Warum hat die AUR so großen Rückhalt? 

Die AUR ist ein Beispiel für eine „Herausfordererpartei“, die mit populistischer Rhetorik frustrierte Wähler*innen für sich gewinnt. Ähnliche rechtsextreme populistische Wellen haben die Politik in Europa seit den 2000er Jahren bereits umgestaltet. Rund 20 Jahre lang war Rumänien eine Ausnahme von diesem Trend. 

Hinzu kommen bedeutende lokale Dynamiken. Erstens die symbolischen und ideologischen Ähnlichkeiten der AUR mit dem Legionärstum – einer faschistischen Bewegung der Zwischenkriegszeit – sowie ihre angeblichen Verbindungen zu neolegionären Netzwerken in Nord-Dobrudscha. Und zweitens die Anziehungskraft der Partei auf Wähler*innen, die von den sozioökonomischen Realitäten des postkommunistischen Übergangs desillusioniert sind – wenig überraschend unterstützte ein großer Teil der rumänischen Diaspora Simion. 

Welche Signale sendet das Erstarken der AUR an die EU und die Nachbarstaaten? 

Der Aufstieg der AUR signalisiert eine zunehmende Enttäuschung über die politische Elite in Rumänien. Simion bezeichnet sich als „Eurorealist“ und NATO-Befürworter, doch diese Mäßigung könnte strategisch sein, um mehr Wähler*innen aus der Mitte zu gewinnen. Es könnte aber auch das Gegenteil der Fall sein – sein Radikalismus könnte ein strategisches Manöver sein, um unzufriedene Wähler*innen für sich zu gewinnen. Die Partei steht auf einer Linie mit Melonis Europäischen Konservativen und der polnischen PiS, was auf Verbindungen zu einem proukrainischen euroskeptischen Block hindeutet. Dennoch lösen die nationalistischen Ambitionen der AUR nach einem „Großrumänien“ in Moldau, der Ukraine, Ungarn und Bulgarien aufgrund möglicher territorialer Ansprüche Alarm aus.  Eines ist sicher: Seine guten Ergebnisse in der ersten Runde sind ein Signal für eine weitere Umstrukturierung der politischen Landschaft in der gesamten Region. Die vielfältigen Krisen bieten Anti-Establishment-Parteien eine Chance. 

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