Osteuropaforschung und Friedens– und Konfliktforschung im Austausch
Russlands Krieg gegen die Ukraine hat weitreichende Implikationen – in erster Linie für die Ukraine, aber auch für Russland, Europa und die globale Ordnung. In einer Welt, die sicherheitspolitisch verflochten ist, hat die Vollinvasion 2022 die Wahrnehmung von Konfliktpotenzialen geschärft. Der Osteuropaforschung und der Friedens- und Konfliktforschung kommen in diesem Kontext eine besondere Bedeutung zu. Doch obwohl in beiden Forschungsfeldern zum Thema geforscht wird, arbeiten Institutionen und einzelne Forschende bisher nur punktuell zusammen, wenn es darum geht Forschungsfragen zu entwickeln, Datenerhebungen zu konzipieren, Ergebnisse an die Politik oder in die Öffentlichkeit zu kommunizieren oder methodische und forschungsethische Herausforderungen im Kriegskontext systematisch zu reflektieren.
Mit dem Ziel, Möglichkeiten für eine nachhaltigere Vernetzung, neue Kooperationen und eine gemeinsamen Forschungsagenda auszuloten, kamen am 11. und 12. Dezember Wissenschaftler*innen aus beiden interdisziplinären Forschungsfeldern am Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS) im Rahmen einer von der Deutschen Stiftung Friedensforschung geförderten und zusammen mit dem Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung (PRIF) durchgeführten Strategietagung zusammen. In einem bewusst interaktiv angelegten Format erörterten sie in verschiedenen Gruppendiskussionen und anhand konkreter Inputs aus der Forschung, wie sich die beiden nicht klar voneinander abgetrennten Felder und ihre komplementären und sich überlappenden Expertisen gezielter miteinander verknüpfen lassen.
Hier folgte die Diskussion dem strategischen Anspruch der Tagung: zu thematisieren, wo integrierte Ansätze möglich sind und wo diese an ihre Grenzen stoßen. Vom Selbstverständnis einzelner Wissenschaftler*innen und ihrer Institutionen oder Disziplinen sowie methodischen Fragen über den Wissenstransfer in die Politik bis hin zu konkreten Projektideen fand ein lebhafter Austausch zwischen der sozialwissenschaftlichen Osteuropaforschung und der Friedens- und Konfliktforschung statt, der dazu beitragen soll, Schnittmengen aber auch Spannungsfelder zukünftig noch produktiver zu nutzen. Hierfür wurden neben diversen inhaltlichen Anknüpfungspunkten bereits drei konkrete Ideen entwickelt: 1) ein Austausch über globale, regionale und lokale Perspektiven auf (Un-)Sicherheit und Ordnungsvorstellungen, der in ein institutionsübergreifendes Projekt münden könnte; 2) die Institutionalisierung einer interdisziplinären Diskussion von Fragen zu Umwelt, Ressourcen und Klima mit Bezug auf Konflikt(potenzial); und 3) die Nutzung von ZOiS- und PRIF-Kommunikationsformaten für eine gezielte Zusammenführung von Expertisen, beispielsweise über den ZOiS Podcast “Roundtable Osteuropa”, Blogs, andere Publikationen und eine gemeinsame Veranstaltungsreihe.
Eine öffentliche Abendveranstaltung zum Thema Szenarien, zu dem Vertreter*innen aus Think Tanks, Politik und Medien geladen waren, erweiterte den Tagungshorizont.