Dr. Tatiana Golova und PD Dr. Tsypylma Darieva

Politische Migration aus Russland und Aserbaidschan

Dr. Tatiana Golova und PD Dr. Tsypylma Darieva

Politische Migration aus Russland und Aserbaidschan

Treppenhaus am Flughafen Moskau-Wnukowo IMAGO_ITAR-TASS

Projektbeschreibung

Im Rahmen dieses Pilotprojekts sollen die Hauptmerkmale der aktuellen Emigrationsbewegungen aus Russland und Aserbaidschan untersucht werden. Autoritäre Entwicklungen ihrer politischen Regime haben in beiden Ländern seit 2012 mehrere Migrationswellen ausgelöst. Obwohl die meisten Migrant*innen ihre Heimatländer aufgrund der Veränderungen des politischen und gesellschaftlichen Klimas verlassen, ist nur ein Teil von ihnen zuvor politisch aktiv gewesen und interpretiert die eigene Migration hauptsächlich vor diesem Hintergrund. Wir wollen Deutschland und Georgien als Aufnahmeländer in den Fokus rücken, da sie beide zu wichtigen Zielen politisch aktiver und gesellschaftlich engagierter Bürger*innen Russlands und Aserbaidschans geworden sind, sich im Hinblick auf ihre Migrationsregime jedoch voneinander unterscheiden.

Ziel des von März 2022 bis Februar 2023 an mehreren Orten durchgeführten ZOiS-Projekts ist es, den Prozess der Migration sowohl als individuelle als auch kollektive Erfahrung zu begreifen und das transnationale politische Engagement und den Alltagsaktivismus der Migrant*innen im Rahmen der Theorie zu political remittances, also dem Transfer politischer Ideen und Praktiken durch Migrant*innen, zu analysieren. Dabei wollen wir Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den verschiedenen Ländern im Hinblick auf die Bewegungsrouten der Migrant*innen, die Formen und Beweggründe ihres transnationalen Engagements und die ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen und Kapazitäten zur Bewältigung einer Vielzahl von Herausforderungen herausarbeiten.

Die jüngste Auswanderungswelle, die Russland seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine am 24. Februar erfasst hat, verdient dabei besondere Aufmerksamkeit, da sie sich durch ihren Massencharakter, die Art und Weise, wie die Menschen ihr Land verlassen, ihre Zielländer und die Zunahme von Push-Faktoren wie der politischen Repression von früheren Migrationswellen unterscheidet. Im Fall Russlands stellen wir deshalb auch die Frage, was sich für politische und soziale Aktivist*innen und andere kritische Akteur*innen (Journalist*innen, Akademiker*innen, Menschenrechtsverteidiger*innen etc.) sowie für „unpolitische“ Migrant*innen verändert hat, insbesondere im Hinblick auf den Migrationsdruck, der auf ihnen lastet, die Chancen, die sich ihnen bieten, und die Formen ihrer Selbstorganisation. Vor diesem Hintergrund wird die Studie auch den öffentlichen Diskurs und die Migrationspolitik der Zielländer in den Blick nehmen.

Kernfragen

  • Wodurch werden die Migration und die Aktivitäten von Migrant*innen „politisch“?
  • Wie konstruieren Menschen ihre Migrationsbiografien?
  • Wie und warum organisieren sich Migrant*innen an einem neuen Ort selbst?
  • Wie reagieren Zielländer und ihre Migrationsregime auf Migrant*innen aus Russland und Aserbaidschan?
  • Durch welche Kontinuitäten und Diskontinuitäten zeichnet sich transnationales politisches und zivilgesellschaftliches Engagement aus?
  • Welche Emotionen bilden den Rahmen für die Emigration und treiben sie an?

Methodik

  • Leitfadeninterviews mit Migrant*innen
  • Expert*inneninterviews
  • Teilnehmende Beobachtung an ausgewählten Orten
  • Analyse sozialer Medien

Projektleitung